Illustriertes Katzenbuch   bungartz1mini

By Jean Bungartz, printed in Berlin 1896.

Here we present a chapter from "Illustriertes Katzenbuch", written by Jean Bungartz in 1896. Bungartz has also made the beautiful drawings of the cats in the book.

The original language in this book is German.

In Bezug auf Bildungen von Rassen, hat die Hauskatze so Ziemlich ihre Selbständigkeit gewahrt und sich wenig verändert. Bei allen anderen Haustieren finden wir eine Menge Rassen und Varietäten, dagegen sind diese bei der Hauskatze sehr spärlich vertreten. Ihr ungebundenes Leben, ihr Freiheitsdrang, ihre Selbständigkeit und Eigenliebe, ließen eine Zucht im Sinne der heutigen Zuchtregeln nicht zu da sie sich nur sehr schwer in die beengenden Verhältnisse derselben pressen läßt und Umbildungen, die sie allenfalls durchgemacht, sind höchstens in der Farbe und der Struktur des Haares zu erkennen und wahrzunehmen. Im Körperbau ist sie dieselbe gebleiben, und eine wirkliche Abänderung in gewissen Körperteilen lassen sich höchstens bei der hängeohrigen Katze aus China und bei der schwanzlosen Katze von der Insel Man (zu England gehörige Insel in der Irischen See) feststellen.


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Fig. 8. Wildfarbige oder graue und schwarzgestreifte
Hauskatze.

Über die Körpermerkmale der Hauskatze ist bereits in einem vorhergehenden Abschnitt das nötige gesagt, und es erübrigt hier nur noch einiges über die festen Farben nachzutragen und dann die ausländischen Rassen und Varietäten anzuführen.

Zunächst dürfte, als schönste Färbung, die wildfarbige oder graue und schwarzgestreifte Varietät der Hauskatze (Fig. 8), als die Urfarbe angesprochen werden, aus der sich in der Folge die anderen Farben entwickelten. Diese Varietät kommt der wilden Katze in der Farbe ziemlich nahe, und sind es besonders große und starke Exemplare, so wird sie leicht von Unkundigen mit dieser verwechselt, wenn nicht das untrügliche Zeichen, die längere und spitzere Rute vorhanden wäre.


 

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 Fig. 9. Graue Hauskatze mit weißen Abzeichen.

Die Grundfarbe ist mehr gelbgrau, das Gelbe an den Läufen, der Brust, nach dem Bauche zu und im Gesicht etwas auffallender; der Körper ist mit dunklen schwarzgrauen Querstreifen und Binden geziert. Katzen, die statt der Quer-, Längsstreifen zeigen, zählen zu den großen Setlenheiten. Das Auge ist grünlich-gelb, die Nase, sowie die Lippen und auch vielfach die Sohlen schwarz oder doch wenigstens schwarz gefleckt.

Diese Varietät ist auch meist wilder, wie die übrigen, zeichnet sich durch größeren Selbsterhaltungstrieb aus, verwildert leichter und paart sich auch am ehesten mit der Wildkatze, deren ganzen Charakter sie annimmt, wenn sie die Wohnung des Menschen verläßt und draußen wildernd umherstreift. Man ist allgemein der Ansicht, daß sie die beste Mausekatze ist.

 
 


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Fig. 10. Schwarze Hauskatze.

 

Eine ihr nahe kommende Varietät ist die mehr blaugraue gestreifte Katze (Fig. 9), die in der Regel weiße Abzeichen an Gesicht, Brust, Fuß und Schwanzspitze ausweist und nicht die Stärke der ersteren erreicht.

Die schwarze Varietät (Fig. 10) in reiner Farbe, ohne rötlichen Anflug und weißliche Abzeichen mit schön gelben Augen ist entschieden die schönste aber auch die am seltensten vorkommende. Sie gleicht, abgesehen von der Größe, dem schwarzen Sunda-Panther. In der Regel hat die schwarze Farbe, im Sonnenlicht oder heller Beleuchtung gefehen, einen bräunlichen Anflug; dann erscheinen euch wohl bei der einen oder anderen die dunkeln Querbinden, wenn auch sehr undeutlich und das Auge zeigt nicht die schöne hellgelbe Farbe. Wirklich schwarze Katzen ohne irgend einen anderen Beiton oder das geringste weiße Abgezeichen, sind herrliche Tiere und deren Fell ist ein sehr gesuchter und gut bezahlter Artikel.

Die weiße Varietät (Fig. 11) ist ziemlich gemein und man hält sie für sehr weichlich und nicht so widerstandsfähig wie die vorigen. Obschon weiße Katzen mit blauen Augen, im sauberen Haarkleid recht anmutige Tiere sind, sieht man sie in den Städten doch recht selten in properem Zustande.

 

 

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Fig. 11. Weiße Hauskatze.

Meist ist das Haar struppig und glanzlos, und doch könnte bei ihr eine sorgfältige Haarpflege vieles thun, um sie ansehnlicher zu machen. Viele weiße Katzen sind, wenn nicht ganz taub, so doch in der Mehrzahl schlecht von Gehör und infolgedessen minderwertige Mauser. Ein hübsches weißes Kätzchen, in guter Pflege und recht sauber gehalten, hat immer etwas Apartes für sich.

Die Maskenkatze ist in der Regel tiefschwarz, zwischen den Augen befindet sich eine weiße Schnippe, ebenso sind Lippen, Schnurrhaare, ein Fleck an der Brust, der manchmal bis zur Kehle hinaufgeht, die untere Bauchseite und Pfoten reinweiß; auch bei einigen noch die Schwanzspitze. Die Augen sind bei dieser Varietät gelb und erscheinen die schwarze Umrahmung ziemlich leuchtend. Je regelmäßiger und bestimmter die weißen Abzeichen und je schärfer diese sich von der schwarzen Grundfarbe trennen, um so schöner ist die Maskenkatze, die viele Verehrinnen findet.

 
 


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 Fig. 12. Mohrenkopf-Katze.

Die schwarzköpfige oder Mohren-Katze (Fig. 12) muß reinweiß sein, wogegen der Kopf und Schwanz farbig ist. Diese Varietät in regelmäßiger Zeichnung ist äußerst selten und darf wohl als eine der eigentümlichsten Farbenzeichnungen bei der Hauskatze angesehen werden. Die Farbe des Kopfes und Schwanzes kann entweder schwarz, grau, blau oder gelb sein, wenn sie nur regelmäßig den Kopf einfaßt und auf diesem kein weißes Haar zeigt, aber wie bereits erwähnt, - sie zählen in guter und korrekter Zeichnung zu den Seltenhaiten und stehen daher ziemlich hoch in Preise.

Die maus- oder fahlgraue, gelbe und gescheckte Varietät (Fig. 13) ist die gemeinste und es giebt bei ihnen mancherlei Farbenabstufungen und Zeichnungen, so daß keine feste Norm für sie aufzustellet ist.

 


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 Fig. 13. Gefleckte Hauskatze.

Rein maus- oder fahlgraue und gelbe ohne weiße Abzeichnungen sind immerhin noch acceptable Erscheinungen, und selbst unter den Gefleckten giebt es noch recht hübsche Tiere. Bei letzeren ist die Grundfarbe weiß und unregelmäßige Flecken und Platten vertielen sich über Kopf und Körper. Geradezu häßlich sind solche, die nur auf einer Seite des Kopfes einen das Auge deckenden Fleck aufweisen. Diese Varietät stellt dann auch das zahlreichste Heer unter den Hauskatzen und der Mischmasch und das Kunterbunt in Farbe und Zeichnung ist schier unbeschreiblich.

 

Die dreifarbige oder spanische Katze. Durch die Bezeichnung "spanische" soll nicht gesagt sein, daß diese Varietät auf die pyrenäische Halbinsel beschränkt ist und es dürfte schwer festzustellen sein, aus welchem Grunde ihr diese Benennung zugeschoben wurde. Sie ist weniger häusig wie die vorigen, und zeichnet sich auch im allgemeinen nicht durch hervorragende Schönheit aus; immerhin giebt es Exemplare, die durch eine regelmäßige Zeichnung und gute Farbenverteilung einen aparten Eindruck hervorrufen. Die Grundfarbe ist weiß, auf welcher buntgemischte Flecken von braun, gelb oder grau, meist verstreut, sich über den Körper verteilen. Man sagt allgemein, daß diese Farbenzusammenstellung nur bei der weiblichen Katze vorkommt, und daß dreifarbige Kater sehr selten wären. Da das weibliche Geschlecht bei der Katze überwiegt, darf dies nicht überraschen, um so mehr als die dreifarbige Varietät keine streng begrenzte ist und in jedem Wurf erscheinen kann. Sind diese Katzen schön egal im Gesicht gezeichnet und verteilen sich die Flecken über den Körper in ziemlicher Regelmäßigkeit, so ist auch diese Varietät keine üble Erscheinung. Gewöhnlich sind aber die Flecken ziemlich gemischt und so zu sagen ineinander laufend, und es hält dann schwer, sie richtig zu bestimmen. Kommt dazu noch eine unschöne Gesichtszeichnung oder einerseits ein großer Fleck, der auf der anderen Seite fehlt, so wird man wohl schwer etwas besonders anziehendes an einer solchen Katze finden.


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Fig. 14. Cypern-Katze.

Die Cypern-Katze (Fig. 14) ist gelbgrau mit schwarzen Querstreifen und es hat den Anschein, als ob sie auf der Insel Cypern mit Sorgfalt gezüchtet wurde. Nach Michel berichtet Villamont von dem Cap della Gatte (Katzenkap) auf Cypern, daß dort ein Kloster von den Türken zerstört wurde, worin sich Katzen befanden, die einen sehr wirksamen Krieg gegen die dort massenhaft vorkommenden Schlangen führten. "Die Schlangen", sagt er, "sind auf dieser Insel von schwarzweißer Färbung, zum mindesten sieben Fuß lang und gegen sechs bis acht Zoll dick; sie werden von den zum Kloster gehörigen Katzen gejagt und getötet. Mittags ruft eine Glocke des Klosters diese kühnen Jäger zum Mahle, aber sobald sie ihr Futter eingenommen, ziehen sie wieder ab, um die Verfolgung ihrer Feinde von neuem aufzunehmen."

Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich die Katze auf Cypern in ihrer ursprünglichen Färbung erhalten und zu einer konstanten Rasse herangebildet. Doch nicht alle gelbgrauen, schwarzgestreiften Katzen können als echte Cypernkatzen angesprochen werden, es sei denn, daß ihre Voreltern von dieser Insel eingeführt wurden.

 


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Fig. 15. Karthäuser-Katze.

Die Karthäuser-Katze (Fig. 15) nennt man eine einfarbige blaue Varietät mit langem feinem Haar, schwarzen Lippen und Fußsohlen. Die blaue Farbe nuanciert von bläulich-aschgrau bis bläulich-schwarz. Wenn die Farbe rein ist und das Haar sich in guter Pflege befindet, so zählt die Karthäuser-Katze mit zu den prächtigsten Tieren, doch ist sie von Charakter etwas phlegmatischer, eine Eigenschaft, die auch bei den übrigen langhaarigen Katzen, wie: Angora-, Persische und Chinesische Katze wahrzunehmen ist.

Die Island- oder Kumanische Katze und wie sonst noch die Benennungen sind, dürfte mit den vorigen Varietäten ziemlich identisch sein.

Von der Island-Katze heißt es, daß sie sich durch schöne blaugraue Färbung des Felles auszeichne; die Kumanische Katze, aus dem Kaukasus stammend, soll hingegen großflockiges Haar von weißer, schwarzer oder rostroter Farbe haben; Lippen und Sohlen fleischfarben.

 

 

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Fig. 16. Angora-Katze.

Die Angora-Katze (Felis maniculata domesticus angorensis) (Fig. 16), ist die schönste, kostbarste und von den ausländischen Katzen auch die bekannteste und verbreiteste. Dieses prachtvolle, vornehme Tier stammt aus Hochasien, und Pallas scheint den Manul als die Stammform derselben anzusehen, welche Ansicht Fitzinger zu teilen geneigt ist. Brehm hingegen hält es für wahrscheinlich, daß sie nichts anderes ist, als eine aus Gebirgsgegenden herrührende Zuchtrasse, welche sich infolge klimatischer Einwirkung nach und nach herausbildete und ihre Merkmale vererbte. So sah Radde im Süden Sibiriens immer nur schöne graue oder blaugraue Angoras, sogen. Chanchilla-Katzen. In dem Städtchen Tjumen, etwas östlich vom Ostabhange des Ural, traf er die ersten an, weitere kamen ihm in den russischen Ansiedlungen zu Gesicht, doch waren sie auch da seltener wie die gewöhnlichen Hauskatzen.

Ob Angora das eigentliche Heimatsgebiet dieser vornehm aristokratischen Katze ist, kann mit Sicherheit nicht nachgewiesen werden; man neigt allerdings der Ansicht zu, weil auch dorther die langhaarigen Angora-Ziegen und -Kaninchen stammen sollen. Jedenfalls darf diese Katze als eine feste Rasse angesehen werden, da sie ihre charakteristischen Merkmale bestimmt und sicher vererbt, und unbestritten ist eine gutgepflegte, im vollen Haarkleide prangende Angora-Katze, gleich welcher Färbung, die anziehendste Erscheinung unter sämtlichen Katzen.

In ihrem Äußeren hat sie etwas löwenähnliches, da sich namentlich vom Gesicht aus an Hals und Brust eine volle, abstehende, etwas hängende Haarmähne bildet. Besondere Länge erreicht auch das Haar auf dem Rücken und an den Seiten, ebenso an der Rute, die dadurch buschig und länger erscheint, wie sie in Wirklichkeit ist. Die Haare in dem inneren Ohr sind verlängert und büschelartig, das Gesicht und die Pfoten kürzer behaart. Das Haar selbst ist von seidiger, glänzender, weicher Struktur mit ganz leichter Wellung. Am beliebtesten sind die weißen und silberfarbigen, dann folgen blaue, schwarze, graugestreifte und isabellfarbige. Andere Farben dürfen wohl auf Zuführung fremden Blutes resp. Kreuzung mit gewöhnlichen Katzen zurückführen sein und zeigen diese auch nie das volle, reiche, seidigglänzende Haar.

Fast scheint die Angora-Katze sich ihrer Schönheit bewußt zu sein, da sie in ihrer überaus großen Klugheit sehr empfänglich für Schmeicheleien ist und sich gern bewundern läßt. Sie besitzt ein ruhiges, fast phlegmatisches Temperament, ist träge, doch von angenehmen Manieren, und ihr ganzer Charakter zeigt etwas aristokratisches, vornehmes. Weil sie mehr die Nähe des Menschen liebt wie ihre Verwandten, zudem ein ausgesprochenes Salontier ist, das am liebsten tagsüber nichtsthuend auf weichen Kissen der behaglichen Ruhe fröhnt und so stets unter der Kontrolle des Menschen steht, rühmt man ihr mehr Anhänglichkeit und Klugheit nach, und fast scheint es, daß dies der Fall ist, wenn man sie beobachtet, wie sie ihrem Gebieter oder ihrer Gebieterin schnurrend auf Tritt und Schritt folgt, sich an sie schmiegend und zu Liebkosungen geradezu auffordert. Sie ist in wahrem Sinne des Wortes ein verhätscheltes Schoßkind, zu dem ihr kostbarer Besitz Anlaß gab.

Würde unseren übrigen Katzen dieselbe Sorgfalt, Pflege und liebvolle Behandlung zu teil, so dürfte als gewiß anzunehmen sein, daß sich auch die gewöhnlichen Hauskatzen zu mehr umgänglichen Tieren herangebildet hätten.

Wer Angora-Katzen besitzt, pflegt und züchtet, muß darauf bedacht sein, das lange reiche Haar einer sorgfältigen Behandlung zu unterziehen, und diese besteht in vorsichtigem Auskämmen desselben. Geschieht dies nicht, so verfilzt sich das Haar, namentlich während der Neubildung desselben; Die Angora-Katze verliert dann an Ansehen und wird zu einem abscheulichen, unentwirrbaren Filzknäuel. Das Kämmen muß regelmäßig vorgenommen werden und zwar mit einem nicht zu scharfen Kamme, da sonst die Haare leicht ausreißen und dem Tier empfindliche Schmerzen verursacht werden. Für die Sauberkeit sorgt die Katze selbst, dank ihrer angeborenen Reinlichkeit; sie putzt, leckt und streicht den ganzen Tag an ihrem Fell herum. Vorsichtige Pfleger waschen auch der Angora-Katze morgens mit einem weichen Schwämmchen und lauwarmem Wasser die Augen sauber aus. Wer je eine wirkliche und schöne Angora-Katze besessen, wird entzückt von ihrer nobeln Schönheit und ihrem aparten Benehmen sein, das ist aber auch alles, was man von ihr verlangen kann und darf. Sie fordert viel und giebt dafür nur sehr weniges, und selten versteigt sie sich einmal dazu, ein gerade an ihr vorbeihuschendes Mäuschen zu fangen. Sie liegt am liebsten auf weichem, molligem Pfühl, läßt sich pflegen und beansprucht die ausgesuchtesten Leckerbissen; doch alles dies kann nicht hindern, daß der wirkliche Katzenfreund in ihrem Besitz allein seine volle Befriedigung findet, da sie unstreitig, was Schönheit anbelangt, die Perle aller Katzen ist.


 

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Fig. 17. Persische Katze.

Die Khorassan- oder persische Katze (Fig. 17) scheint eine Abart der Angora-Katze zu sein, ihr Haar ist indes etwas wolliger, lockiger, doch immerhin noch von besonderer Länge. Die Farbe ist dunkel-blaugrau. Was Schönheit anbetrifft, steht sie der Angora-Katze ziemlich nahe, doch ist sie weit seltener wie Diese.

Die chinesische oder hängeohrige Katze (Fig. 18) dürfte die interessanteste sein, denn sie liefert den Beweis, daß durch fortwährende Nichtbenutzung eines Organes, dessen ursprüngliche Beschaffenheit allmählich einbüßt rest. zurückgeht. So bei der chinesischen Katze das Gehör bezw. die Ohren. "Die Chinesen, sagt Michel, verehren die Katze nicht nur in Porzellan, sondern auch nach kulinarischer Seite wissen sie deren Wert zu schätzen. Die Katzen werden als besondere Leckerbissen betrachtet und eigens, an Ketten (?) liegend, mit Reis gemästet".

 
 


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 Fig. 18. Chinesische oder hängeohrige Katze.

Die Katze wird eigens zum Zwecke der Fleischproduktion gezüchtet, und gilt den Chinesen als bevorzugter Leckerbissen; es darf dies nicht Wunder nehmen, wenn man in Erwägung zieht, daß der Chinese alles das verzehrt, bei dessen Anblick der Magen eines Europäers rebellisch würde. In engen Bambuskäfigen werden die armen Viehcher eingesperrt und wenn auch nicht nach der Art der Gänse genudelt, so doch mit reichlichen Portionen dick und fett gefüttert. Mit solchen armen Miezen wird dann noch ein umfangreicher Handel nach den anderen Teilen Asiens getrieben und die schlauen Chinesen sollen dabei die Klugheit anwenden, keine Kater fortzugeben, damit ihnen die einträgliche Erwerbsquelle nicht verstopft werde.

Infolge der einengenden Verhältnissen und dadurch, daß man die Katze ihrer eigentlichen Verwendung entfremdete, ist das Gehör zurückgegangen; weil ihr die Erlangung der Nahrung durch eigenes Geschick versagt wurde, mußte sich da ihre Wachsamkeit nicht mehr zur Geltung gelangte, das scharfe Hören nach versteckter Beute unnütz wurde, das Gehör abstumpfen und die natürliche Folge war, daß das Ohr in der langen Zeitfolge an Straffheit verlor, sich allmählich senkte und zum Hängeohr ausbildete. Dies ist denn auch das charakteristische Merkzeichen der chinesischen Katze.

Wenn man zum erstenmale eine Katze erblickt, ist man überrascht, doch der komische Eindruck verliert sich bei nährerer Betrachtung und man kann auch diese Katze, wenn man von der Eigenart der Ohren absieht, schön finden. Den Körper bedeckt, ähnlich wie bei der Angora-Katze, ein langes dichtes Haarkleid, welches jedoch nicht so reich ist wie bei dieser. Das Haar ist seidenweich, glänzend, die Farbe meist ein lichtes gelb (isabellfarbig), oder auch ein schmutziges weißgelb, doch kommen auch die üblichen Färbungen der gemeinen Hauskatze vor. In der Größe übertrifft sie diese um ein ziemliches, ist stärker und neigt, wie erklärlich, gern zum Fettwerden. Die Ohren hängen vollständig, wie bei unseren Jagdhunden und sind im Verhältnis zu denen der übrigen Katzen von beträchtlicher Größe.

Obschon die chinesische Katze in ihrer Heimat in ziemlicher Anzahl gezüchtet wird, gelangt sie doch höchst selten auf den europäischen Tiermarkt. Ein einziges Stück ist uns zu Gesicht gekommen und dieses erwarben wir vor Jahren in Hamburg, von einem aus China heimkehrenden Seemann. Nach diesem lebenden Exemplare ist die beigegebene Abbildung gefertigt.

Von Charakter ist sie entschieden noch träger wie die Angora-Katze, beinahe faul zu nennen und sozusagen ohne Leben; auch liegt sie am liebsten hinter dem warmen Ofen, ist wenig empfänglich für Schmeichelei, hört schlecht und entwickelt höchstens Leben, wenn sie den Milch- oder Freßnapf erblickt. Wirklich anziehende Eigenschaften besitzt sie nicht und höchstens die eigenartige Erscheinung könnte zur Haltung des immerhin merkwürdigen Vertreters des Hauskatzengeschlechts verleiten.

 


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 Fig. 19. Siamesische Katze.

Die siamesische Katze (Fig. 19), aus Siam stammend, ist ein eben so seltenes wie schönes Tier und zeichnet sich durch kurzes, glattanliegendes Haar und die ihr eigentümliche Färbung aus. Die Farbe des Körpers ist isabellfarbig (hellgelblich-weiß), Gesicht, Ohren, Beine und Schwanz sind schwarzbraun. Keller schreibt, daß es besonders flinke Tiere sind, die in Asien in den Palästen gehalten und mit Fischen gefüttert werden. Diese Hauskatze dürfte nächst den langhaarigen eine der schönsten und teuersten sein, denn gute Exemplare werden oft mit 200 Mark und darüber bezahlt. Leider gelangt auch sie äußerst selten nach Europa und ist hier noch wenig bekannt. 


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Fig. 20. Man- oder Stummelschwanz-Katze.

Die Man- oder Stummelschwanz-Katze (Felis maniculata domestica ecaudatus) (Fig. 20) stammt von der Insel Man. Keller giebt in seinem Katzenbuch (Beilage der Tierbörse) folgendes über die ungeschwänzte Katze an: "Die ungeschwänzte Katze in Cornwallis und auf der Insel Man (Nordwestküste Englands) ist eine eigentümliche Art und hat zumeist nur eine Andeutung eines Schwanzes. Es sollen jedoch auch wohlbeschwänzte vorkommen, wohl dem Vater nach. Es giebt deren von verschiedenen Farben. Sie haben ziemlich lange Pfoten".

Die Man-Katze ist wegen des fehlenden Schwanzes und dem stark erhöhten Hinterteil gerade kein anmutendes Tier. Die hinteren Beine sind unverhältnismäßig lang entwickelt und daher steht sie hinten etwas hoch. Vermöge dieser Bauart springt sie in gewaltigen sicheren Sätzen von Ast zu Ast; sie ist eine ausgezeichnete Baumkletterin und wird dadurch den Vögeln gefährlich.

Nach Brehm sah Martens auf den Sundainseln und in Japan Katzen mit verschiedenen Schwanzabstufungen, und Kessel erzählte Weinland, daß dort, insbesondere auf Sumatra, allen Katzen, bevor sie erwachsen sind, die ursprünglich vorhandenen Schwänze abstarben. Die Man-Katze kommt in verschiedenen Färbungen vor.

Die Katze von Cochinchina soll nur einen kurzen, kolbigen und die madagassiche einen gedrehten, knotigen Schwanz haben.

Die nachbenannten Katzen dürfen wohl mit der gemeinen Hauskatze so ziemlich übereinstimmen und sich nur durch ihre Färbung unterscheiden. So ist die Katze von Island schön blaugrau, die Tobolsker Katze aus Sibirien rot oder fuchsfarbig, die vom Kap der guten Hoffnung blau oder rot.

Der Frankfurter Zoologische Garten erhielt vor etlichen Jahren ein Paar Katzen aus Mittelamerika, die sich durch Größe, seidenwolliges Haar und dunkelaschgraue, schwarzgestreifte Farbe auszeichneten.

 

Während bei allen anderen Haustieren die Kenntnisse über deren Rassen und Varietäten sehr reichhaltige sind, finden wir bei der Katze diese nur recht spärlich vor und meist noch ziemlich unbestimmte, unsichere Aufzeichnungen. Dies ist um so mehr zu verwundern, weil doch die Katze eines der ältesten Haustiere und sonst in der Geschichte ein bevorzugtes Tier war. Wir haben uns bemüht, dasjenige, was in der Litteratur über diesen Gegenstand aufzufinden war, zusammen zu tragen und die eigenen Beobachtungen und Studien einzuflechten. Wenigstens dürften die nach der Natur aufgenommen Zeichnungen, die möglichst naturgetreu wiedergegeben sind, den verehrten Leserinnen und Lesern, den Freunden der Katze, eine richtige Vorstellung der Rassen und Varietäten geben.

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